Türkische Ex-Premierministerin: Darstellung des parlamentarischen Systems als Hoffnungsträger ist Landesverrat

         Foto: BBC News

Ex-Premierministerin Tansu Çiller äusserte sich hart über die Absichten der 6 Oppositionsparteien der Türkei, die eine Rückkehr zum parlamentarischen System wollen: Tansu Çiller,  ehemaligen Ministerpräsidenten, gab am 26. Februar gegenüber Yeni Şafak Erklärungen zur Agenda der Türkei ab. 

                                Foto: Anadolu Ajans

Es sei Verrat, dies der Türkei und der Jugend als Hoffnung vorzusetzen.

 "Ich glaube nicht, dass es Hoffnung gibt, die Türkei mit Koalitionen in das parlamentarische System zurückzuführen. Ich werde dies weiterhin sagen."

Ehemalige Premierministerin Tansu Çiller: "Das parlamentarische System als Hoffnung darzustellen, ist Landesverrat".

Bei ihrer Bewertung zum Vorschlag der 6 Oppositionsparteien, zum parlamentarischen System zurückzukehren,, sagte Çiller, dass das parlamentarische System keine Hoffnung für die Nation sein könne. 

Çiller betonte, dass die Türkei aufgrund der im parlamentarischen System entstandenen Koalitionslandschaft nicht regiert werden könne. 

Sie sagte: „Die Türkei sollte nicht wieder Koalitionen anvertraut werden. Ich bin jemand, der sieht, was diese Koalitionen kosten werden“.

KOALITIONEN SIND EIN PUTSCH-PRODUKT 

Tansu Çiller: 

„Meine größte Sorge ist die Rückkehr zu Koalitionen im parlamentarischen System. Ich sage das nicht nur, weil ich es gelebt habe, die Zahlen stützen auch meine Sorge. Koalitionen sind oft das Produkt früherer Staatsstreiche. Schauen Sie sich die Geschichte an, Adnan Menderes regierte in den 10 Jahren sehr gut. Nach ihm kam Süleyman Demirel, auch er gab eine gute Leistung ab. Aber was wurde getan? Der eine wird hingerichtet, der andere ins Gefängnis gesteckt, die Mitte-Rechts-Parteien werden zerstört. Und nach jedem solchen Vorfall entstehen Koalitionen.“

Sie erklart: 

„Das parlamentarische System wird nach den Putschen zu einem Koalitionssystem. Im parlamentarischen System, wenn es keine Koalitionen gibt, beträgt das durchschnittliche Wachstum 6,1 Prozent. Aber nach Putschen sinkt es bei Koalitionen auf 3,1 Prozent. 

Es gab nur ein oder zwei erfolgreiche Mehrparteienkoalitionen, eine unter dem Ministerpräsidentenamt von Herrn Demirel, die andere ist Refahyol, die wir mit Herrn Erbakan gegründet hatten. 

Wenn Sie diese beiden ausschließen, lag das durchschnittliche Wachstum von Mehrparteienkoalitionen in parlamentarischen Systemen mit 2,6 Prozent sogar noch unter den Putschen. 

Das ist das parlamentarische System, zu dem man zurückkehren will

 … eine Leistung, die selbst die Staatsstreiche unterbieten.“


Quelle: Yeni Şafak


Was wollen die Oppositionsparteien - hier ein grober Überblick über den Entwurf und eine kurze Beschreibung ihrer Parteivorsitzenden:

GP (Gelecek Partisi) - Ahmet Davutoğlu

Der Vorsitzende Ahmet Davutoğlu bekleidete das Amt  des 26. Premierministers von 2014–2016  unter Präsident Erdogan (AKP). Er trat auf die Bitte von Erdogan am 22. Mai 2016 zurück - kurz vor dem missglückten Putschversuch in der Türkei.  die Gründe für seinen nicht ganz freiwilligen Rücktritt wurden nie offengelegt. Nach der Gründung seiner eigenen Partei distanzierte er sich von der aktuellen Regierung und schlug eine völlig andere Richtung ein. Die junge Partei nahm bisher noch an keinen Wahlen teil und hat relativ wenige Anhänger. Die Wähler der aktuellen Regierungskoalition nehmen dem  Vorsitzenden seine 180 Grad Wendung als "Verräter" an der Regierung übel.  



 IYI Partisi ( Gute Partei) - Meral Akşener

Die Vorsitzende der IYI Partei ist bekannt für ihren fliegenden Wechsel in verschiedene Parteien. Vor der Gründung ihrer Parte gehörte sie dem aktuellen Koalitionspartner der aktuellen Erdogan-Regierung (MHP) an. Am 8. September 2016 wurde sie aus dieser Partei ausgeschlossen. Ihren berühmtesten Auftritt hatte Sie kurz vor dem Putschersuch 2016 in einem Video, in dem ihr unterstellt wurde, dass sie mit einer kurzen Aussage schon wusste, was am 15. Juli 2016 (Putschtag) passieren würde. Seitdem konnte sie bis heute die Gerüchte, dass sie von der Gülen-Bewegung aus den USA unterstützt werde, nicht mehr abschütteln. Sie wurde in den letzten Jahren immer wieder dabei entdeckt, "Schauspieler" zu verpflichten , die vor der Kamera normale Bürger spielen, die sich über die aktuelle Regierung bei ihr beschweren. 


DEVA Partisi - Vorsitzender Ali Babacan

Nach der Kabinettsumbildung am 1. Mai 2009 übergab er das Außenministerium an Ahmet Davutoğlu. Ab diesem Tag bekleidete  er das Amt als stellvertretender Ministerpräsident für Wirtschaft. In seiner Amtszeit als Minister verwaltete er die Wirtschaftsreform-Programme und IWF-Darlehen (Eigentümer der IWF Bank: Rothschild). Während seiner gesamten politischen Laufbahn nahm er an Treffen verschiedener "Think-tanks" (Denkfabriken) teil. Er diente als Berater des Premierministers in der 63. Regierung. Für die Parlamentswahlen im Juni 2018 hat er sich nicht als Parlamentskandidat beworben.  Am 8. Juli 2019 trat er aus der AKP aus. Die Partei nahm noch an keinen Wahlen teil. 


Saadet Partisi - Vorsitzender: Temel Karamollaoğlu

Die Saadet Partei wurde am 20. Juli 2001 unter der Führung von Necmettin Erbakan, dem "Ziehvater" des aktuellen Präsidenten Erdogan gegründet. Temel K. wurde 1999 als Abgeordneter von Sivas wiedergewählt. Seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Versammlung der NATO wurde während dieser Legislaturperiode fortgeführt. Auf dem Kongress der Saadet Partei im Mai 2000 wurde er zum Mitglied des Generalverwaltungsrats gewählt und zum Vizepräsidenten ernannt, der für Außenbeziehungen zuständig ist. Als Präsidentschaftskandidat für die türkischen Präsidentschaftswahlen 2018 erreichte er nur 0,89 Prozent.



DP (Demokrat Partisi) -  Vorsitzender Gültekin Uysal

Die Demokratische Partei, die bei den türkischen Parlamentswahlen 2018 als Koalitionspartner der Oppositionsparteien teilgenommen hatte, trat über die Listen der IYI-Partei von MERAL AKSENER in die Wahl ein. Uysal, der auf der Afyonkarahisar-Liste der IYI-Partei stand, wurde als  6. und letzter Abgeordneter unter den Siegerkandidaten der Provinz gewählt. Gültekin Uysal machte auch von sich reden -  mit seinen Besuchen bei dem ehemaligen Vorsitzenden der Demokratischen Partei, Mehmet Ağar, und dem Bürgermeister von Bodrum, Mehmet Kocadon, die zeitweise inhaftiert waren. 




CHP - Vorsitzender: Kemal Kılıçdaroğlu

Nachdem Deniz Baykal 2010 von seinem Amt als Vorsitzender zurückgetreten war, wurde er auf dem 33. Ordentlichen Kongress der Republikanischen Volkspartei mit 1.189 Stimmen zum Vorsitzenden gewählt. Hartnäckige Gerüchte in den türkischen Medien besagen, dass der aktuelle Vorsitzende mit einer Kassettenaufnahme dafür gesorgt haben soll, dass sein Vorgänger zurücktreten musste. Seitdem konnte ihm keiner den Vorsitz bei Wahlen streitig machen. Der Bruder des Vorsitzenden ist Mitglied der aktuellen Regierungspartei AKP. 


Die Schwesterpartei der CHP ist die deutsche SPD, die laut verschiedenen Medien durch Wahlspenden  die CHP bei Wahlen unterstütztl.Der Vorsitzende K.K.  ist in der Türkei dafür bekannt, dass er vor laufender Kamera Aussagen trifft, die er danach vehement abstreitet. Einige Millionen TL aufgrund seiner privater Beleidigungsklagen an den aktuellen Präsidenten werden von den CHP-Parteiabgeordneten lt. türkischen Medien mit 5000 TL pro Abgeordneter von deren Gehalt abgezogen. 

Die Partei CHP ist seit Jahren gespalten. Sein stärkster Mann in der Partei, Muharrem İnce, der für die Partei als Präsidentschaftskandidat fast die Wahlen im Jahr 2018 gewonnen hätte, hat sich danach von der Partei getrennt, unschöne Internas in den Medien öffentlich gemacht und eine eigene Partei gegründet, jedoch nicht an diesem runden Tisch teilgenommen.   

Was möchte dieser Zusammenschluss der Opposition erreichen? 

In der Türkei dauerte vor dem neuen Präsidialsystem eine Entscheidung des Parlaments mindestens 3 bis 4 Wochen. In einem Notfall kann jetzt der Präsident Entscheidungen beschleunigen - vor allem wenn es um Putschversuche geht oder um andere militärische Aktionen, die den Staat bedrohen. DAS möchte man mit der Änderung rückgängig machen. Im Prinzip, wenn man sich die Parteien ansieht, ist es so wie oben von Tansu Ciller beschreibt - ein Putschversuch.

Das verstärkte parlamentarische System oder das verbesserte und gestärkte parlamentarische System sei ein Regierungssystem, das auf dem parlamentarischen System basiert, das von Oppositionsparteien (CHP, IYI-Partei, DEVA, GP, SP und DP) in der Türkei gegen die Präsidialregierung entwickelt wurde. 

Die Details des Systems sollen die Schaffung der Gewaltenteilung, der Stärkung der Macht des Parlaments und eines unparteiischen Präsidenten wurden stärken.

Die Oppositionsparteien sehen das Präsidialregierungssystem als Ursache der wirtschaftlichen und politischen Krise in der Türkei und fordern die Rückkehr zum parlamentarischen System. 

 Die Ansicht, dass auch das alte Parlamentär-System unzureichend gewesen sei, führte zu der Idee eines neuen Systems, das als gestärktes parlamentarisches System vorgestellt wurde. 

 Die Oppositionsparteien äußerten separat ihren Wunsch, zu einem gestärkten parlamentarischen System überzugehen. Bereits im  November 2020 erklärten die GP , die IYI-Partei im Mai 2021  und die DEVA-Partei im Oktober 2021 unabhängig voneinander ihre Ziele für ein gestärktes parlamentarisches System. Dabei entstanden auch wissenschaftliche Publikationen über das gestärkte parlamentarische System, unabhängig von politischen Parteien.

Ab Oktober 2021 kamen CHP, IYI-Partei, DEVA, GP, SP und DP im Parlament zusammen und begannen, an einem gemeinsamen Text zu arbeiten. Die gemeinsame Kommission, bestehend aus den Vizepräsidenten von 6 Parteien, erstellte einen Textentwurf mit 5 Titeln.  Der erstellte Textentwurf wurde im Dezember 2021 fertiggestellt.  

Der gemeinsame Text wurde unter 5 Hauptüberschriften erstellt: 

Einführung, Legislative, Exekutive, Judikative, Grundlagen des demokratischen Systems.

 Der Inhalt des Textes umfasste die von den 6 Parteien vereinbarten Grundsätze.

 Im Gegensatz zum alten parlamentarischen System (vor dem aktuellen Präsidialsystem) würde die Regierungsbildung einfach und ein Sturz der Regierung schwieriger sein.

Abweichend vom Präsidialsystem kämen die Grundsätze der Regierungsbildung durch das Parlament und der , die ÄnderungRücktritt des Präsidenten aus seiner Partei hinzu. 

Daneben gäbe es Grundsätze, die in der Justiz, der Pressefreiheit und der öffentlichen eine Ernennung vorsehen.

Quelle und Fotos: Vikipedi Türkei / türkische Presse


Wieso ein viel langsamer arbeitendes System besser als das aktuelle sein soll, geht aus den aktuellen Ausführungen am 28. Februar 2022 nicht wirklich hervor. Es wird auch mit keinem Wort erwähnt, dass das aktuelle Präsidial-System als Vorbild das französische System hat, das auf türkische Gesetze umgeschrieben wurde. 

Hier zur Erinnerung in deutscher Sprache, welches System aktuell in der Türkei seit ein paar Jahren angewendet wird: 

Ist das aktuelle Präsidial-System der Türkei diktatorisch? ------> weiterlesen